Fernglas 8x56 Testbericht - Praxisbericht Fernglas-Serie „PIRSCHLER“ Generation 3
Vor fast sieben Jahre überraschte die Chemnitzer DDoptics Optische Geräte & Feinwerktechnik KG den Fernglasmarkt mit einer Weltneuheit. Ausgestattet mit modernsten Abbe-König-Prismen für brillante Farbwiedergabe, Randschärfe und Bildhelligkeit sowie der in dieser Kategorie bislang einzigartigen offenen Brücke für komfortabelste Bedienung war das „Pirschler-Fernglas 8x56 seiner Zeit weit voraus. Siehe Bericht Frankfurter Allgemeine - Technik & Motor „Das Glas bietet ein brillantes, bis an die Ränder scharfes und unversehrtes Bild…mit einer verblüffenden Dämmerungsleistung und einem überzeugendem Preis“, katapultierte seinerzeit die Frankfurter Allgemeine Zeitung den „Pirschler“ in den Fernglashimmel. Jetzt hat DDoptics seinen 8x56-Fernglas-Klassiker neu aufgelegt und sogar um drei weitere Vergrößerungsbereiche erweitert (10-/12-/15-fach). Mechanik, Ausstattung und optische Eigenschaften sollen laut Anbieter nochmals verbessert worden sein – dies bei fast gleichbleibendem Preis (zwischen 649.- und 667.- Euro). Grund genug, die „Pirschler“-Ferngläser näher unter die Lupe zu nehmen und ihre Leistungsfähigkeit in der Praxis zu testen.
Komfortable Bedienung, saubere Verarbeitung
Vorneweg: Am Design hat sich bei der „Pirschler“-Fernglasserie der Generation 3, wie sich die Neuauflage nennt, auf den ersten Eindruck nicht viel geändert. Allseits bekannt das schlanke Gehäuse mit dem sehr praktischen offenen Durchgriff, der das einhändige Greifen und Halten zum Kinderspiel macht. Als ich aber eines der vier Ferngläser der „Pirschler“-Serie nach dem Auspacken in der Hand hielt, fiel mir sofort auf, wie angenehm und bequem die Optik in der Hand liegt. Das liegt nicht nur an dem für Ferngläser dieser Kategorie relativ geringen Gewicht (zwischen 1.150 und 1.200 Gramm), das bei Ausmaßen von 190x155x65 mm sehr gut ausbalanciert ist. Mit den drei Fingern meiner rechten Hand kann ich ganz bequem in der Mitte durchgreifen. Das praktisch unzerbrechliche Magnesiumgehäuse schützt die Innenjustierung optimal vor Schäden, wenn das Fernglas auf harten Untergrund fallen sollte. Neu: Die das Magnesiumgehäuse umspannende Gummiarmierung – in Jägergrün oder edlem Schwarz – ist an den Aussenseiten großzügig mit einer Fischhaut überzogen. Für zusätzlich sicheren Halt sorgen Daumengriffmulden an der Unterseite. Mit dem Zeigefinger kann ich problemlos die Fokussierwalze bedienen. Deren gerippte Form verhindert ein Abrutschen, die Walze selbst ist aus Duraluminium und läuft gleichmäßig, die Scharfeinstellung funktioniert also schnell und komfortabel. Getrennt von der Fokussierwalze und damit mechanisch nicht anfällig, befindet sich unterhalb des rechten Okulars der Dioptrienausgleich mit einem großzügigen Verstellbereich von +-4. Er arbeitet ohne jedes Spiel, ist zwar etwas schwergängig, was andererseits aber das unbeabsichtigte Verstellen verhindert. Für Ferngläser dieser Preisklasse äusserst bemerkenswert: An den neuen „Pirschler“-Ferngläsern findet sich (die Stativschutzkappe und nat.die Gummiarmierung ausgenommen) kein Gramm Kunststoff. Weder am Körper selbst, noch an Verschleißteilen. Alle Bedienelemente – Diopter, Okular, Fokussierwalze – sind aus Duraluminium und garantieren Langlebigkeit.
Hochwertiges Prismensystem, brillante Bildwiedergabe
Äusserlich macht die Verarbeitung der „Pirschler“-Gläser einen perfekten Eindruck. Ich vermag keinen Unterschied zu hochpreisigen Ferngläsern weit jenseits der 2.000-Euro-Grenze zu erkennen. Das trifft auch auf Attribute zu, die nur allzugern von diversen Anbietern als besonderer Pluspunkt vermarktet werden. Wie zum Beispiel Wasserdichtigkeit, Brillenträgerokulare mit Drehaugenmuscheln, Stickstofffüllung, hohe Kälteeigenschaften, Schlagfestigkeit, großer Pupillenabstand oder Innenfokussierung. Aus meiner Sicht ist das Augenwischerei, denn all dies sind Eigenschaften, die der Käufer heutzutage standardmäßig von einem guten Fernglas erwarten darf. Selbstverständlich verfügen auch die „Pirschler“-Ferngläser über all diese Attribute. Bleibt also nur die Frage: Wie siehts mit der Optik aus, der Bildbrillanz, dem Kontrast, der Auflösung, der Farbwiedergabe und dem Sehfeld? Was können die „Pirschler“-Ferngläser hier bei Tag und Nacht bieten? Laut Anbieter benötigt das voll vergütete Abbe-König-Prismensystem mit insgesamt 2 Prismen keine Verspiegelung und bietet dadurch eine extrem hohe Lichttransmission und Bildhelligkeit für eine kontrastreiche und brillante Bildwiedergabe mit gestochen scharfen Konturen. In der Tat machen die Labor-Messwerte der Lichttransmission richtig neugierig. Dabei berücksichtigen wir nur die Werte bei einer Lichtwellenlänge von 500 nm, denn dieser Wert kommt der Praxis am nächsten. Gerne geben Hersteller/Anbieter die naturgemäß höheren Werte für die Lichttransmission, gemessen an einer höheren Lichtwellenlänge, an – diese Werte sind nach meiner Erfahrung aber realitätsfern und taugen für den praktischen Alltag nicht.
Extrem hell, naturgetreue Farbgebung
Die gemessene Lichttransmission beim „Pirschler“ 8x56 liegt bei 92,6 %. Das ist ein ganz hervorragender Wert, der den Vergleich mit hochpreisigen Konkurrenzprodukten in keiner Weise zu scheuen braucht. Was aber wirklich erstaunt, sind die Messwerte der „Pirschler“-Ferngläser mit höherer Vergrößerung. Liegt der „Pirschler“ 10x56 immerhin noch bei 91 %, überzeugt der „Pirschler“ 12x56 mit einer satten Lichttransmission von 93 %! Im praktischen Revieralltag schlagen sich diese Werte in Form von hoher Schärfe und einem tollen Kontrast nieder. Das gilt für alle vier „Pirschler“-Modelle. Bei Tage sind auf knapp 100 Metern die Rosen und die unterschiedliche Einfärbung am Gehörn des Rehbocks in höchster Auflösung zu erkennen. Die Farben werden naturgetreu wiedergegeben, Farbsäume konnte ich keine ausmachen.
Beobachten bis ins kleinste Detail
Richtig Spaß macht dabei die Beobachtung mit den „Pirschler“-Ferngläsern mit hoher Vergrößerung. Mit dem „Pirschler“ 15x56 steht der Bock auf diese Entfernung zum Greifen gegenüber. Das Ansprechen des Tieres funktioniert in dieser Situation mit einer solchen Detailgenauigkeit, wie sie nach meinem Empfinden mit keinem 8x56-Fernglas der Welt erreicht werden kann. Natürlich wackelt das Bild beim „Pirschler“ 15x56 aufgrund der hohen Vergrößerung bei freihändigem Halten mehr als z.B. bei einem 8x56-Fernglas. Ich halte das beim Ansitz aber für keinen großen Nachteil, da in der Kanzel problemlos für eine entsprechende Auflage gesorgt werden kann. Alternativ bietet sich ein Stativ an, auf das sich standardmäßig jedes „Pirschler“-Fernglas schnell montieren lässt. Bei dieser Schärfe und naturgetreuen Abbildung nehme ich auch gerne in Kauf, dass die „Pirschler“ mit 12- und 15-facher Vergrößerung um 40 mm länger sind als die mit 8-/10-facher Vergrößerung. Laut Anbieter ist das notwendig geworden, um Einbußen in der optischen Qualität zu vermeiden.
Spitzenplätze für die Sehfelder
Beachtenswert sind die Sehfelder, die auch der Brillenträger, wie bereits oben erwähnt, aufgrund der stabilen und abnehmbaren Drehaugenmuscheln zu 100 % nutzen kann. Der „Pirschler“ 8x56 liegt mit weiten 129 m nur ganz geringfügig hinter den hochpreisigen Konkurrenzprodukten. Der „Pirschler“ 10x56 reiht sich mit 114 m ein in die vorerst Riege der bedeutenden Anbieter. Und wer meint, bei den „Pirschler“-Ferngläsern mit hoher Vergrößerung nur noch einen Miniausschnitt vor die Augen zu bekommt, irrt gewaltig. Wartet der „Pirschler“ 12x56 mit überzeugenden 93 m auf, bietet der „Pirschler“ 15x56 mit 80 m Sehfeld einen Spitzenwert für ein Fernglas dieser Vergrößerung. Im nächtlichen Einsatz mit 15-facher Vergrößerung Was das Handling, die Robustheit und die Optik anbelangt, stand mein Entschluss nach dem Einsatz der neuen „Pirschler“-Fernglasserie bei Tag fest: So ein Fernglas muss unbedingt her! Vorher aber mussten die „Pirschler“-Ferngläser der Generation 3 sozusagen noch die Feuertaufe bestehen – den praktischen Einsatz bei widrigen Lichtverhältnissen. Was bietet sich hier besser an als der Ansitz in der Dämmerung und bei Nacht. Als Testort wähle ich eine Kanzel in unserem Revier mit südlicher Ausrichtung. Es ist Neumond, die Unterstützung durch eine natürliche Lichtquelle entfällt somit. Kurz nach 21.00 Uhr setzt die Dämmerung ein. Da Wild nicht im Anblick ist, glase ich den Saum eines rund 150 m entfernten Mischwaldes ab. So gut wie kein Unterschied bei der Helligkeit zwischen den vier „Pirschler“-Ferngläsern ist erkennbar. Klar, Details, wie z.B. die Zapfenringe einer Fichte, lassen sich mit den Optiken mit höherer Vergrößerung deutlich besser ausmachen. Ein anderes Bild etwa 20 Minuten später. Wenn auch Schärfe und Auflösung sehr gut sind, hinsichtlich der Bildhelligkeit „schwächelt“ der „Pirschler“ 10x56 deutlich gegenüber seinem 8x56-Pendant. Interessant aber ist die Wahrnehmung beim Blick durch die beiden Optiken mit höherer Vergrößerung. Zwar ist die Bildhelligkeit eine Spur niedriger als beim „Pirschler“ 8x56, doch sowohl in der 12x56- als auch in der 15-56-Ausführung spielen die „Pirschler“-Ferngläser hier ihre Stärken voll aus. Trotz des etwas dunkleren Bildes werden die Konturen scharf wiedergegeben und dank hohen Kontrasts waren Details bei schwindendem Licht sehr gut erkennbar. 21.45 Uhr, es ist dunkel, die Sichtweite mit bloßem Auge beträgt knapp 15 m. Jetzt zeigt sich umso mehr der Vorteil einer hohen Vergrößerung. Mit dem „Pirschler“ 8x56 erspähe ich auf freier Flur in knapp 100 m vier Rehe. Unmöglich allerdings bei diesen Lichtverhältnissen, die Tiere genauer anzusprechen. Mit Ausnahme der Größe sieht alles gleich aus. Ich nehme den „Pirschler“ 12x56 und in Sekundenbruchteilen kann ich bei dem Sprung Rehe einen Bock bestätigen. Sein Gehörn ist nicht sehr groß und reicht gerade einmal bis zu den Lauschern. Gewissheit gibt der Blick durch den „Pirschler“ 15x56. Das Fernglas auf sicherer Auflage, zeichnen sich die Konturen der vier Rehe klar und scharf ab, das Verhalten der Tiere während der Äsung lässt sich super beobachten. Auf die „Pirschler“-Ferngläser mit hoher Vergrößerung war bei diesen schwierigen Lichtverhältnissen Verlass. Die oben beschriebenen Transmissionswerte der „Pirschler“-Ferngläser mit12- und 15-facher Vergrößerung haben nicht nur auf dem Papier Gültigkeit. Ich kann deren Ergebnis, sprich die Helligkeit der Bildwiedergabe, nach diesem Praxiseinsatz nur als zutreffend bestätigen.
Fazit
Die „Pirschler“-Ferngläser der Generation 3 eigen sich primär für den jagdlichen Ansitz und die Pirsch in einem Gelände mit weiten Entfernungen wie z.B. im Gebirge. Auch Wanderern und Outdoor-Freunden sind die Ferngläser zu empfehlen, das Gewicht hält sich in Grenzen und das Preis-Leistungsverhältnis ist konkurrenzlos. Vogelkunde-Freunde kommen mit der 15x56-Ausführung des „Pirschlers" voll auf ihre Kosten, zumal die Ferngläser standardmäßig über einen Stativanschluss verfügen. Größter Nachteil bei den neuen „Pirschler“-Ferngläsern: Man hat die Qual der Wahl. Der eine favorisiert den 8x56-Klassiker wegen seines „Allround-Charakters“. Andere wiederum bevorzugen vielleicht die Ausführung mit 12-facher oder gar 15-facher Vergrößerung wegen ihrer herausragenden Detailerkennbarkeit auf weite Entfernungen und bei widrigen Lichtverhältnissen. Mein Tipp: Wer sich nicht entscheiden kann, entscheidet sich am besten für zwei verschiedene „Pirschler“-Ferngläser. Der Gesamtpreis beträgt auch dann nur die Hälfte dessen, was für ein hochpreisiges Fernglas hingeblättert werden muss. Letzteres aber kommt – und das ist nur logisch – an den Leistungsumfang in seiner Gesamtheit der „Pirschler“-Fernglasserie nicht heran. Autor: Norman Glas, Freier Journalist, Jäger in Augsburg